Detail
Photo: Moritz Sonntag

Projekt Title: JOKERMATE

Gatekeeping
JOKERMATE

Performative Installation

Breite 5 m, Tiefe 6 m, Höhe 2,2 m Plexiglas, Aluminium, Stahlblech, Folienschriften, LED, LED-Laufschriften, Bitman, Kabel, elektronische Steuergeräte Programmierung: Georg Nagel, Schriftlayout: Nina Martens

GATEKEEPING
Zur Konstruktion von Wirklichkeit durch digitale Medien


Mit dem Begriff des „Gatekeepers“ werden die für den Prozess der Übermittlung von Nachrichten wichtigen medialen Schleusen oder Schaltstellen bezeichnet, an denen darüber entschieden wird, welche Inhalte als Information weitergeleitet werden -und welche nicht. Fabian Hesse, Boris Petrovsky, Gordan Savicic, Hanna Schaich, Marcel Schobel und Bartholomäus Traubeck beschäftigen sich für die Ausstellung auf höchst unterschiedliche Weise mit der Frage, wie in einer digitalisierten Welt darüber entschieden wird, was wir als Realität wahrnehmen.
Kuratiert von Claudia Voit und Kerstin Klimmer in der Reihe junge Kuratorinnen im Kunstraum Galerie Hollenstein.

JOKERMATE, 2014
Performative Installation

Für die Ausstellung hat Boris Petrovsky die aufwendige Installation JOKERMATE aus Objekten, die dem bewirtschafteten öffentlichen Raum und dem Straßenverkehr entstammen, realisiert. Die teilweise zerkratzten oder leicht beschädigten auf Leuchtinselpfosten montierten Pfeilzeichen‒Trommeln, die Ampel und der blinkende Service‒Schriftzug erzählen mit der ihr eigenen „Street Credibility“ von der Lust an der Organisation von Bewegungen, Steuerung und Lenkung, aber auch von Angriff und Unterwanderung dieser Weisungen, von mutwilliger Zerstörung und Unfällen.
Im Ausstellungsraum leiten sie den Blick und Weg der Besucher auf ihr Zentrum hin zu: die erhöhte Figur des Jokers, der breitbeinig, in der linken Hand die Marotte, eine angedeutete Narrenkappe auf dem Kopf, auf der linken Brust sein Kürzel „J“, sie bereits erwartet und mit ausgestrecktem Zeigefinger direkt adressiert mit seiner als LED‒Laufschrift kommunizierten Aufforderung, eine SMS an ihn zu senden. Diese setzt unmittelbar einen Rechenprozess in Gang: die Ampel springt auf rot, während die gesendete Nachricht übersetzt wird in einen ideosynkratischen, binären Code, der als Lichtsignal angezeigt wird. Die Maschine reagiert und antwortet, die technische Konstruktion wird zur sozialen Situation.
Die Glücksspielästhetik der blinkenden und leuchtenden Installation weckt Begehrlichkeiten, es geht um Spiel, Spaß, Gier, Rausch, verbotene Verlockung, um das vage Versprechen von und Hoffnung auf Gewinn ― die Figur des Jokers funktioniert als Glücksfetisch, der einen in letzter Konsequenz auf einen selbst zurück wirft. Voraussetzung ist, dass man sich einlässt auf sein Spiel, dessen Regeln noch unbekannt sind, die einem wandelbaren, flüssigen Algorithmus gehorchen. In der Uneinschätzbarkeit des Jokers, dessen Widersprüchlichkeit sich auch auf der Textebene in der Installation ständig wiederholt, in seinem listigen Grinsen liegt auch etwas Aggressives, es ist ein Spiel um Zeichenhoheiten und Machtpositionen, in dem die Rolle des Jokers zwischen der eines Verbündeten („Mate“ engl. Kumpel, Freund, Kamerad, Gefährte) und der eines Gegners, seine eigenen undurchsichtigen Zielen verfolgend, schwankt: „Die Hoffnung auf den Türsteher, das richtige Passwort, die richtigen Daten, schließlich auf den Zugang – vielleicht sogar zur Wirklichkeit: Der Joker ist als potentieller, machtvoller Erfüllungsgehilfe kein zuverlässiger Kamerad. Es ist ungewiss, was er im Schilde führt. Zwischen Ernst, und Unernst ist er der Harlekin, Narr und Gaukler.“ (Boris Petrovsky)



Ausstellungseröffnung: Freitag, 7. November, 20 Uhr
Zur Ausstellung sprechen Claudia Voit und Kerstin Klimmer

Vortrag: Dr. Felix Stalder (Zürcher Hochschule der Künste) „Vom Zwang der Freiwilligkeit. Internet und Macht.“
Montag, 17. November, 18.30 Uhr

Finissage mit Führung und Künstlergespräch
Sonntag, 14. Dezember, 10.30 Uhr

Galerie Kunstraum Hollenstein, A-6890 Lustenau, Pontenstraße 20