»Schriftsätze«
Photo: Galerie Feurstein

Projekt Title: SCHRIFTSAETZE

Presse Kultur Nr. 102013
Von Ariane Grabher
Vorarlberger Nachrichten
20.12.2013
Artikel von Ariane Grabher
Vorarlberger Nachrichten
7.1.2014
Foto: Nina Martens
»Schriftsätze«
Objekte und Installation

Aktuell/News
Vom 17. bis 20. Januar 2014 auf der Medienkunstmesse »Unpainted« in München mit THE VIEW (Salenstein, Schweiz). /
»Unpainted« Media Art Fair Munich. From 17th until 20th of January 2014 with THE VIEW Salenstein, Switzerland)


Galerie Feurstein
ERÖFFNUNG: Donnerstag, 12. Dezember 2013, 19 bis 21 Uhr
EINFÜHRUNGSDIALOG: Markus Landert, Direktor Kunstmuseum Thurgau und Boris Petrovsky

www.galeriefeurstein.at/boris_petrovsky_arbeiten.html
Dauer: 13. Dezember 2013 bis 1. Februar 2014
Galerie Feurstein | Johannitergasse 6 | A - 6800 Feldkirch | www.galeriefeurstein.at

(Schriftsätze, german, as double meaning "typesets" and "pleadings")
Solo exhibition at Galerie Feurstein (A)
Opening: 12th of December 2013, 7 p.m.
Until the 1st of February 2014


Presse: siehe linke Seite und
kultur – Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft
www.vol.at
Der Standard

Pressetext von Wolfgang Pichler:

Aggregatzustände der Sprache und ihrer Zeichen
„Schriftsätze“ von Boris Petrovsky in der Galerie Feurstein (Feldkirch/A)


(Feldkirch, 9.12.2013) Unter dem Titel „Schriftsätze“ präsentiert die Feldkircher Galerie Feurstein in ihrer nächsten Ausstellung neue Werke des 1967 in Konstanz geborenen Medien- und Installationskünstlers Boris Petrovsky. Mit zwei Buchstabentürmen erleben dabei zwei komplexe Arbeiten aus der neuen Serie „Grosse Erzählungen in kleinen Einheiten“ ihre „Uraufführung“. Diese bestehen jeweils aus einem Sockel aus weissem Carrara-Marmor, auf denen sich die 26 Buchstaben des Alphabets als Leuchtzeichen stapeln. Formal erinnern diese „Erzählungen“ an Epitaphe oder Erinnerungstafeln. Die Buchstabentürme sind an einen Computer angeschlossen, der so programmiert wurde, dass durch das Aufleuchten der jeweiligen Schriftzeichen das Heldenepos „Ilias“ von Homer sowie Karl Marx’ fundamentales Werk „Das Kapital“ von Anfang bis zum Ende durchbuchstabiert werden. Bei der Ilias etwa leuchtet jeder Buchstabe eine Sekunde auf. So dauert es sieben Tage, bis dieses Epos einen kompletten Durchlauf hinter sich gebracht hat. Dann spult das Programm zurück und das Ganze beginnt von vorne. Der Text wird zu einem digital gesteuerten Algorithmus, der die Schriftzeichen der Erzählung folgend nacheinander aufblinken lässt. Da das monumentale Homer-Elaborat in seine Einzelteile aufgelöst wird, ist es für den Betrachter praktisch unmöglich, dem Text inhaltlich zu folgen. Die Worte und Sätze werden von den Leuchtzeichen regelrecht erschlagen. Die Sprache erstarrt in einer unlesbaren Aneinanderreihung autonomer Zeichen.

Die "Illias" läuft auf neu geformten, glasklaren, aber im Inneren scharlachrot lichtbogenleuchtenden Neonschriftzeichen, die zu einer geradlinigen, geometrisch strengen Säule aufgetürmt werden. Für den Buchstabenturm „Das Kapital“ verwendet der Konstanzer Künstler gebrauchte Leuchtbuchstaben.

Neben diesen zentralen Arbeiten zeigt Petrovsky auch kleinere Arbeiten aus gebrauchten, verschiedenfarbigen Neonschriftzeichen, die er der Leuchtreklamenindustrie entnommen hat. Und die Stirnwand der Galerie ziert ein versprengtes Alphabet aus einzelnen Schriftzeichen, dem Rohmaterial der Schriftsprache also.

Der Konstanzer Künstler, der 2010 von der Ars Electronica ausgezeichnet wurde, setzt sich in seinem Schaffen mit den Aggregatzuständen der Sprache und ihren Zeichen auseinander. Er visualisiert, dass Sprache und Zeichen ein Eigenleben entwickeln können, und dass sie nicht immer das sind, was sie versprechen. Generell geht es in seiner Arbeit auch um die Macht der Sprache und die Sprache der Macht, - wie Zeichen wirtschaftlich und politsch instrumentalisiert und auch proprietär werden.

Petrovsky reisst die Bedeutungszeichen vielfach aus ihrem Zusammenhang und erforscht die Alltagsbedingungen von Sprache und Objekt. Er decodiert die Zusammenhänge zwischen Kommunikation, Information und Interaktion.

Bei den in Fedkirch gezeigten Werken handelt es sich weniger um Design- und Objektstücke, sondern um Konstruktionen, die eine eher spröde, technisch-industrielle ästhetische „Sprache sprechen“. Durch die vielen offenen Kabel, die Industrie-Rohrhalter, durch offene Vorschaltgeräte oder idiosynkratische Zeichenfragmente, die an technische Symbole erinnern, wird der Galerienraum gleichsam in einen Technikraum respektive in eine Schaltzentrale transformiert. „Die Marmorsockel, aus denen viele Kabel zu den Neons führen, erinnern absichtlich auch an alte Schalttafeln aus Marmor, wie sie zur Verherrlichung der Technik bis Anfang des 20. Jahrhunderts verwendet wurden und die Technik sozusagen auf den Sockel stellte – als ‚bürgerliche, kulturelle’ Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine,“ erläutert Künstler Petrovsky.